Kurs bei der Kinderuni Wien, Workshops beim Verein Kinderhände im Rahmen des Bezirksferienspiels. KiKu-Besuche. Viele Fotos.

Es war ziemlich sicher die allerleiseste Lehrveranstaltung des Kinderuni-Wien-Sommers 2018 – zumindest die erste Hälfte. Bevor die zwei Dutzend Jung- und Jüngststudierenden in den Schnellkurs in die Österreichische


Gebärdensprache
(die Muttersprache von gehörlosen Menschen) eintauchten, bekam jede und jeder zwei Ohrstöpsel – und die Regel stand an der Leinwand – entweder gebärden, oder die Fragen, Wünsche, Probleme usw. auf einen Zettel aufschreiben.

Das Hallo-Winken zu Beginn in der großen Runde erklärte sich von selbst. Die ersten Infos wurden vom Lehrenden-Duo –


Barbara Hager
vom Zentrum für LehrerInnenbildung der Uni Wien und der Gebärdendolmetscherin Nicole Riemer – als grafisch sehr aufgelockerte PowerPoint-Folien an die Leinwand geworfen. Rasch ging es in drei Gruppen, die einander in ihren Stationen abwechselten. Die einen erlernten die 3D-Darstellung von Tieren mit ihren Händen, die anderen ordneten Bilder von Körperteilen der Gebärden- bzw. der Lautsprache zu. In der dritten Gruppe wurden unterschiedliche Handformen dieser lautlosen Sprache beobachtet, erkannt und so manches Vokabel erlernt – von sehen/schauen über Schule, Vogel, Mama/Papa bis zu Sonne – und der Applaus – ein Schwenken beider hoch gehobenen Hände.

maedchen_vier-gs.jpgHeinz Wagner

Mädchen – in vier verschiedenen Gebärdensprachen dargestellt

Viele Gebärdensprachen

Wieder zurück in der Großgruppe standen weitere Vokabel auf dem Programm. Manche erschließen sich fast von selbst wie Hunger – mit der Hand über den Bauch kreisen – oder kalt – mit geballten Fäusten und dem ganzen Oberkörper zittern. Für andere gilt: Lernen wie bei einer anderen (Fremd-)Sprache. Apropos Fremdsprachen: Fast jede andere Laut- hat auch eine andere Gebärdensprache. Die


Gebärden
für Mädchen sowie für Bub zeigten die Vortragenden in vier Bildern – für die Österreichische, die (US-)amerikanische, die deutsche sowie die italienische Gebärdensprache. Genauso gibt es auch Dialekte.

In dieser Phase war auch wieder Lautsprache angesagt –


Nicole
übersetzte für Barbara. Anhand von vier weiteren Bildern wurden Vorteile von Gebärden auch für Hörende: Verständigung über Entfernungen, die über Rufweite hinausgehen, durch Fenster hindurch, in lautem Umfeld – etwa bei Konzerten, bei vollem Mund – und vor allem unter Wasser.

In Kürzest-Rollenspielen wurde aber auch versucht, mit einem gehörlosen Menschen Kontakt aufzunehmen, wenn du hinter dessen Rücken stehst/gehst. Kurz und sanft antippen, meinten die einen, Julian demonstrierte die ideale Form: Diesen Menschen überholen, sich umdrehen, Blickkontakt aufnehmen und eventuell die Hand zum Gruß ausstrecken oder zum schon eingangs geübten Hallo-Winken greifen 😉

Fotos vom Gebärdensprachkurs bei der Kinderuni Wien

Bei den “Kinderhänden”

An diesem Montag Mitte Juli fand aber nicht nur am Nachmittag eine Lehrveranstaltung an der Kinderuni

Wien zur Gebärdensprache statt. Schon am Vormittag lud der Verein „Kinderhände“ in seinem Gassenlokal im Wien-Mariahilf zu Bezirks-Ferienspiel-Workshops. Der Kinder-KURIER besuchte einen davon. Simon und Tobias tauchten dort mit Melina und Martina in die Welt der Sprache mit den Händen. Simon hatte schon einiges an Gebärden mitgebracht – „von meiner Mutter gelernt“, für Tobias war diese Sprache neu. Nach anfänglicher Scheu, kippte aber auch er in die leiseste Sprache der Welt. So manche der vor allem sommer– und ferienmäßigen Begriffe, die an diesem Vormittag auf dem Programm standen, konnten die beiden Buben fast „erraten“ – viele Gebärden sind fast selbst erklärend – ob Schwimmflügel, Sonnencreme oder Segelboot, schwimmen und klettern. Bei manchen gibt’s Aha-Erlebnisse – wenn etwa ein ein kurzes Ziehen mit beiden Händen von den Schultern abwärts für wandern steht: Riemen vom Rucksack festzurren.

Selbst Simon, der schon Vorwissen hatte, fand etliches neues im Workshop. Und sein Neuling-Kollege konnte am Ende den Satz „mein Name ist Tobias“ gebärden – wobei er den Namen buchstabierte. Simon stellte sich hingegen schon mit einem Gebärden-Namen vor – wie ihn die meisten Gehörlosen und andere, die diese Sprache beherrschen, haben. Oft ist es ein äußerliches Merkmal wie Brille, Haarschnitt, ein typisches Kleidungsstück oder eine Gewohnheit bzw. Geste. Simon zeigt die geballte Faust mit dem Daumen quer davor – für das S, bewegt die Faust dabei aber schnell kreisend – „weil ich mich so viel bewege“.

Fotos vom Workshop bei “Kinderhände”

Erfunden

Apropos Gebärden-Namen, hin und wieder erfinden Menschen auch eigene Gebärden wie andere in der Lautsprache Wörter kreiieren. Der 7-jährige Vito aus der nachmittäglichen Kinderuni-Lehrveranstaltung verrät dem Kinder-KURIER, „dass ich für Huhn eine andere Gebärde erfunden habe“, dreht sich um und wippt mit seinem Popo. Die übliche Gebärde ist die wie beim Vogel mit Daumen und Zeigefinger das Auf- und Zuklappen des Schnabels darstellend.

„Bei meiner Gebärde legt das Huhn gerade ein Ei. Das hat mir so gefallen wie es so pfurzt. Mit unserer Singlehrerin haben wir ein Lied gesungen von einem Huhn, das kein Geld hat und deswegen Eier legen muss, um Geld zu kriegen.“

Ausstellung

Übrigens: Seit kurzem kannst du auch in der interaktiven Ausstellung „Hands up“ in die Welt Gehörloser eintauchen – Link dazu unten.

Links

www.kinderhaende.at

www.handsup.wien

Nachrichten auch in Gebärdensprache findest du hier: www.gebaerdenwelt.tv

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