Gert-René Polli hat mächtigen Ärger am Hals. Der Verdacht: schwerer Betrug. Er bestreitet alle Vorwürfe und will wegen Rufschädigung klagen.

Eigentlich sollte der frühere Verfassungsschutz-Chef


Gert-René Polli
wieder eine führende Rolle unter Innenminister Herbert Kickl erhalten. Hatte er ihn doch schon bei den Koalitionsverhandlungen beraten. Nach der umstrittenen Razzia im BVT würde Polli sogar BVT-Chef Peter Gridling ablösen, wie Insider kolportieren. Doch aus der zweiten Karriere des karenzierten Beamten Polli wurde vorerst nichts.

Den Grund dafür hat Listenführer Peter Pilz gestern, Dienstag, im BVT-Untersuchungsausschuss lanciert: Gegen Polli und seine türkische Ex-Frau wird von der


Staatsanwaltschaft
Wien wegen des Verdachts des schweren Betruges ermittelt. Der angebliche Schaden: 1,044 Millionen Euro. Da musste selbst die FPÖ die Reißleine ziehen.

Die Vorwürfe werden bestritten. „Im Dezember vergangenen Jahres wurde an mich herangetragen, dass die Staatsanwaltschaft mich nach dem Hörensagen als Beschuldigten in einer Betrugscausa führt. Ich fiel aus allen Wolken“, gab Polli bei seiner Einvernahme Mitte Mai 2018 bei der Wiener


Kripo
zu Protokoll.

Heftige Vorwürfe

Am 22. August 2017 hat ein Wiener Anwalt für zwei mutmaßlich geschädigte Unternehmer Strafanzeige erstattet. Laut Anzeige, die dem KURIER vorliegt, wollte eine Liechtensteiner Firma 2015 mit Pollis damaliger Frau


Meltem K.
Geschäfte im Irak machen, die dort geschäftlich gut vernetzt ist. Es ging um die Ausschreibung eines Beleuchtungs- und Videoüberwachungsprojekts an einer irakischen Autobahn. Dieses Geschäft sollte über eine libanesische Firma von Frau K. laufen, an deren Gründung Polli laut eigenen Angaben beteiligt war. Im zweiten „Schadensfall“ wollte eine Wiener Firma ein Sicherheitsunternehmen im Irak gründen. Auch ein drittes Unternehmen, ein Hersteller von Spezialfahrzeugen, hat sich angeblich dem Verfahren angeschlossen.

Aus den Geschäften dürfte aber nichts geworden sein. Die Liechtensteiner Firma will 161.000 Euro an Pollis Ex-Frau vorausgezahlt haben und die Wiener Firma sogar 307.800 Euro. Ein Vorstand der Liechtensteiner Firma macht außerdem fast 426.000 Euro Schaden geltend und der Fahrzeugbauer 150.000 Euro.

Der Sicherheitsberater

Doch was hat Ex-BVT-Chef Polli damit zu tun? Die Anzeiger behaupten, dass sie deshalb Pollis türkischer Frau vertrauten, weil Polli diese „als kompetente und vertrauenswürdige Geschäftsfrau“ anpries. Außerdem soll sich Polli „stets als Berater der Republik Österreich vorgestellt und eine Visitenkarte des Innenministeriums übergeben haben“. Dem KURIER liegt diese Visitenkarte vor, auf der sich Polli als „Senior Security Adviser“ („Leitender Sicherheitsberater“) des BMI bezeichnet. Das Innenministerium bestätigt am Dienstag auf Anfrage des KURIER: „Herrn Dr. Polli wurde 2008 im Rahmen eines Werksvertrags die Bezeichnung ,Senior Security Advisors‘ zuerkannt”.

Alles nicht wahr

„Das ist eine reine Anpatzaktion. An der Anzeige ist nichts dran und aus ihr geht auch kein Verdacht gegen Herrn Polli hervor“, sagt sein Anwalt Stefan Prochaska im Gespräch mit dem KURIER. „Der Vorwurf, Herr Polli habe seine damalige Frau als anständigen Menschen bezeichnet, kann keine strafrechtliche Verantwortung nach sich ziehen.“

Polli will sich mit Klagen wegen Rufschädigung wehren. Es sei sein Fehler gewesen, räumt er ein, einen der Anzeiger mit seiner Frau bekanntgemacht zu haben. „Ich bin aber nie in die operativen Geschäfte meiner geschiedenen Frau eingebunden gewesen“, sagt der Ex-BVT-Chef. „Die Geschädigte ist eigentlich meine Ex-Frau, sie hat 600.000 Euro ausgelegt und wurde nicht bezahlt.“

BVT-Ausschuss am Dienstag

Auch Andreas Wieselthaler, Leiter des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK), bestätige, dass er vom Ermittlungsverfahren gegen Polli wisse. Seine Behörde wäre eigentlich für die Causa


BVT
zuständig gewesen, wurde aber übergangen. Er sagte auch, dass seine Behörde bei staatlichen Stellen ausschließlich im Wege der Amtshilfe Durchsuchungen durchführe. Man wende stets die gelindesten Mittel an. Er bestätigte, dass einer seiner Mitarbeiter direkt vom Kabinett Kickls kontaktiert wurde, ob er sich der Staatsanwaltschaft als Ermittler zur Verfügung stelle. Das sei zuvor noch nie vorgekommen.

Denn das BAK-Gesetz sieht vor, dass Aufträge und Weisungen an die BAK-Direktion erfolgen und das ausschließlich in schriftlicher Form.

„Wir haben diese direkte Einflussnahme erstmals erlebt“, sagt der BAK-Chef.  Auch sollte der BAK-Mitarbeiter seine Vorgesetzten über diesen Direktkontakt nicht informieren. Sein Vizechef gab daraufhin die Weisung aus, dass diese Kontaktaufnahmen des Kabinett zu melden sind. Doch die Order musste auf Weisung von Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber später zurückgenommen werden.

Die BAK-Direktion habe ihre Mitarbeiter gefragt, ob sie am Fall BVT arbeiten wollen. Laut Wieselthaler habe sich keine gemeldet.